BGH kippt unklare Klausel in der Auslandsreise-Krankenversicherung

10. Juli 2024 – Karlsruhe. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem wegweisenden Urteil (Az. IV ZR 129/23) am 10.07.2024 die Rechte von Versicherten gestärkt. Im Mittelpunkt stand eine Ausschlussklausel in einer Auslandsreisekrankenversicherung, die medizinische Zustände vom Versicherungsschutz ausnimmt, die vor Reiseantritt bekannt waren. Diese Klausel erklärte der BGH als intransparent und damit unwirksam.
Hintergrund des Falls
Ein Versicherter hatte zwei Auslandsreisekrankenversicherungen, eine über seinen Kreditkartenanbieter und eine weitere separat abgeschlossen. Während einer Reise in die USA wurde er aufgrund einer Diabetes-Komplikation und eines Harnwegsinfekts stationär behandelt. Eine der Versicherungen übernahm die Kosten, forderte jedoch eine Erstattung von der zweiten Versicherung. Diese verweigerte die Zahlung und berief sich auf eine Klausel, die Leistungen bei „bekannten medizinischen Zuständen“ ausschließt.
"Keine Leistungspflicht besteht:
1.6.1 Bei einem bereits vorher bekannten medizinischen Zustand, der der versicherten Person bekannt war, als sie die Kreditkarte beantragte, bzw. bei der Buchung der Reise, je nachdem, was am kürzesten zurückliegt, insbesondere, weswegen die versicherte Person:
- Während der letzten zwölf Monate einen Krankenhausaufenthalt hatte.
- Testergebnisse erwartet oder auf der Warteliste für eine Operation, Konsultation oder Untersuchung steht.
- Innerhalb der letzten drei Monate begonnen hat, Medikamente einzunehmen oder die Einnahme geändert oder sich in Behandlung begeben hat.
- Alle zwölf Monate oder häufiger eine medizinische, chirurgische oder psychiatrische Untersuchung benötigt.
- Die Diagnose "unheilbar" und/oder "chronisch" erhalten hat."
Das Urteil
Der BGH stellte fest, dass die Ausschlussklausel gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 BGB) verstößt. Die Klausel sei so unklar formuliert, dass Versicherte nicht erkennen könnten, welche Erkrankungen tatsächlich ausgeschlossen sind. Auch der Zusammenhang zwischen einer bestehenden Erkrankung und dem Versicherungsfall sei nicht nachvollziehbar geregelt.
„Versicherer müssen Rechte und Pflichten der Versicherten so darstellen, dass sie verständlich und nachvollziehbar sind“, betonte der Vorsitzende Richter Prof. Dr. Karczewski. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer sei nicht in der Lage, den genauen Umfang des Versicherungsschutzes auf Basis der Klausel zu beurteilen.
Weitreichende Konsequenzen
Das Urteil hat Signalwirkung für die Versicherungsbranche. Es zeigt, dass Versicherer bei der Formulierung von Ausschlussklauseln klare und eindeutige Sprache verwenden müssen. Unklare Bedingungen können dazu führen, dass Versicherungsnehmer nicht wissen, wann und wie sie geschützt sind.
Die Entscheidung stärkt die Position der Verbraucher und fordert von Versicherungsunternehmen mehr Transparenz und Fairness in ihren Vertragsbedingungen.
Was passiert als Nächstes?
Der Fall wurde zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht Köln zurückverwiesen. Dieses muss nun prüfen, ob und in welcher Höhe die zweite Versicherung verpflichtet ist, die Kosten zu erstatten.
Ein Signal für mehr Verbraucherschutz
Mit diesem Urteil setzt der BGH ein starkes Zeichen für die Rechte von Versicherten. Es macht deutlich: Versicherungsbedingungen dürfen keine sprachlichen Hürden aufbauen und müssen für die Versicherten transparent und verständlich sein.